Treffen der Nachbarschaftsinitiative Kiez aktiv: Bockbrauerei

Wir treffen uns nach wie vor jeden Montag um 19.30 Uhr.
Wer Interesse hat: bitte eine E-Mail an: bockbrauerei(ät)posteo.de

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Kiez Aktiv: Bockbrauerei

Bockbrauerei: Gedenktafel für den Boxer Johann Wilhelm „Rukeli“ Trollmann

Trollmann — der 1933 auf dem historischen Bockbrauerei-Areal kämpfte

Trollmann1Anfang 2018 wurde in die BVV Friedrichshain-Kreuzberg ein Antrag für eine Gedenktafel auf dem ehemaligen Bockbrauerei-Grundstück Fidicinstr. 3 für den Boxer Johann W. R. Trollmann eingebracht. Nach den Vorstellungen der antragstellenden Politiker wurde allen Ernstes angeregt, der Eigentümer des Grundstückes Fidicinstr. 3, die Immobiliengesellschaft Bauwert AG/vertr. durch J. Leibfried, solle darüber befinden, „ob und wie“ das Gedenken an Trollmann zu gestalten sei…

Um die Verortung einer Gedenktafel am Grundstück Fidicinstr. 3, einem Ort, an dem Johann Trollmann de facto nicht boxte sowie die Platzierung einer Tafel auf einer Immobilie der Bauwert AG zu PR-Zwecken der Immobilien-AG zu verhindern, hat sich Karin Dittmar von der Initiative „Denkmalschutz-für die Bockbrauerei“ -unter Hinweis auf historische Dokumente- für die Aufstellung einer Gedenktafel für Trollmann am historischen Ort Fidicinstr. 2, unweit dem damaligen großen Ausschank-Sommergarten, wo er einst als Boxer kämpfte, eingesetzt.

Geltend gemacht wurde: Gedenktafeln sollen grundsätzlich am jeweiligen konkreten historischen Ort des Bockbrauerei Ausschankeinstigen Wirkens des zu ehrenden Menschen, an den erinnert werden soll, platziert werden.

Hierauf hinweisend, forderte die Initiative „Denkmalschutz für die Bockbrauerei“ die Anbringung einer Gedenktafel für Johann W. Rukeli Trollmann im Bereich Fidicinstraße 2 zu realisieren.

In den Dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts fanden im damaligen Ausschank-/ “Sommergarten“ auf dem einstigen Bockbrauerei-Areal an der Fidicinstraße 2 auch Sportveranstaltungen statt. Nach der Machtübernahme der Nazis versuchten diese sukzessive die beliebte Vergnügungsstätte am Ort der einstigen Bockbrauerei für ihre ideologischen und politischen Zwecke zu funktionalisieren.

Die überwiegend von NS-Sportfunktionären organisierten Sportveranstaltungen im Vergnügungsbereich der ehemaligen Bockbrauerei transportierten die rassistischen NS-Ideologeme „deutscher Kämpfer“, „arischer Kämpfer“, „arischer Sieger“ u.a. Mit dieser Zielsetzung organisierten die NS-Sport-funktionäre zunehmend Kampfsport-Veran-staltungen, vor allem Boxkämpfe auf dem Bockbrauerei-Gelände Fidicinstraße 2. Dort traten namhafte Vertreter des Boxsportes im „Sommergarten“ vor großem Publikum auf. Insbesondere auch weit über die Grenzen Berlins hinaus beachtete Boxkämpfe, wie der entscheidende Titelkampf für die Deutsche Meisterschaft im und Kämpfe der Europameisterschaft im Boxen wurden dort ausgetragen.

Im damaligen Ausschank-„Sommergarten“ der Bockbrauerei [im allgemeinen Sprachgebrauch weiterhin als „Bockbrauerei“ bezeichnet; obwohl 1922 Stilllegung der Bierproduktion auf dem Gelände; doch Weiterbetrieb des Ausschankgartens und der Festsäle] fand am 9. Juni 1933 im Rahmen der Austragung der Deutschen Meisterschaft im Halbschwergewicht ein vielbeachteter Boxkampf statt: Hierüber berichtet eine vor einigen Jahren an der Außenmauer der Rosegger-Schule angebrachte Erinnerungstafel an J.W. Rukeli Trollmann und das nach ihm benannte Johann-Trollmann-Boxcamp.

Trollmann2Die dortige Erinnerungstafel berichtet über Johann W. Rukeli Trollmann: Er war ein junger Mann aus einer sinto-deutschen Familie, ein versierter Mittelgewichtsboxer, der einen neuen Boxstil präsentierte, war der Sieger des am 9. Juni 1933 im „Sommergarten“ der einstigen Vergnügungsstätte „Bockbrauerei“ ausgetragenen Deutschen Meisterschaftskampfes im Halbschwergewicht. Die dort versammelten Menschen feierten J. Trollmann als Sieger. Doch die Sportfunktionäre des nationalistischen Regimes entzogen ihm wenige Tage später den Meisterschaftstitel.  Am 21. Juli 1933 trat Johann W. Rukeli Trollmann wieder im Boxring im damaligen „Sommergarten“ der einstigen Bockbrauerei an der Fidicinstr. 2 zu einem Kampf an: Seine Haare und seinen Körper hatte er weiß gepudert, durch diese groteske Inszenierung karikierte er die NS-Ideologeme  „weißer“, „arischer“ „deutscher Sieger“. Die Schilderung dieser Protestaktion wurde leider nicht in den Gedenktafel-Text am Ort Fidicinstraße 2 aufgenommen.

Der Subtext der Erinnerungstafel an der Rosegger-Schule verweist darauf: Mit seinem mutigen zeichenhaften Aufbegehren gegen die menschenverachtenden rassistischen Hierarchisierungen der NS-Ideologen setzte Johann W. Rukeli Trollmann während seines Boxkampfes auf dem einstigen Bockbrauerei-Areal auf seine Weise ein ausdruckstarkes Zeichen gegen die Vereinnahmung des Boxsportes durch NS-Funktionäre. Und damit zugleich auf seine Weise ein Zeichen gegen die NS-Gewaltherrschaft.

Der mutige Boxer wurde in der Folgezeit der NS-Herrschaft zunehmend diskriminiert, kriminalisiert, mehrfach inhaftiert. Im Juni 1942 wurde Johann W. Rukeli Trollman in das KZ Neuengamme deportiert, er starb 1944 infolge der mörderischen Bedingungen im Außenlager Wittenberge.

Das Vergnügungsgelände der Brauerei, der Ort an dem Johann W. Rukeli Trollmann boxte, wurde 1944 durch Bombeneinwirkung zerstört.

Mit Schreiben vom 26.2.2018 hat sich die Initiative „Denkmalschutz für die Bockbrauerei“ an Kulturstadträtin Clara Hermann mit der Bitte gewendet, sich auf Bezirksebene für die Realisierung einer Gedenktafel am Ort Fidicinstraße 2  -an dem Ort, an dem J.W. Rukeli Trollmann zweimal als Boxer auftrat- zu ermöglichen. In einer späteren Kulturausschuß-Sitzung wurde die Anregung der Initiative bzgl. Realisierung einer Gedenktafel für J.W. Rukeli Trollmann einstimmig aufgenommen. – In einer weiteren Sitzung im Kreuzberg-Museum die Realisierung einer Gedenktafel am Ort Fidicinstraße 2 beschlossen.

Nun ist die Gedenktafel für Johann Wilhelm Rukeli Trollmann am Ort Fidicinstraße 2, Berlin-Kreuzberg endlich realisiert.
Gedenkstein fuer Trollmann An gleicher Stelle erinnert bereits seit einigen Jahren ein vor dem Grundstück Fidicinstr. 2 verlegter Stolperstein daran, dass Johann Rukeli Trollmann auf dem angrenzenden Areal des historischen Bockbrauerei-Geländes als Boxer kämpfte; 1942 in das Konzentrationslager Neuengamme deportiert und 1944 im Außenlager Wittenberge ermordet wurde.

Initiative „Denkmalschutz für die Bockbrauerei!“

Berlin-Kreuzberg, im Februar 2020

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