Wir — die Stadtteilinitiative WEM GEHÖRT KREUZBERG — möchten gerne die Karte der Verdrängungsprozesse für "61" aktualisieren: viele Mietshäuser haben nicht nur die Abgeschlossenheitserklärung, sondern sind mittlerweile in Eigentumswohnungen umgewandelt. Kündigungen wegen 'Eigenbedarf' haben Hochkonjunktur. Ferienwohnungen in lukratives möbliertes, zeitlich befristetes Wohnen übertragen. Kleingewerbetreibende verdrängt...
Schaut doch mal in der Karte nach, ob in euren Häusern Daten aktualisiert werden sollten oder ob euer Haus überhaupt schon auf der Karte ist.
28.06.2016: Ein Statement der "Berliner Mieter Gemeinschaft e.V." zur Situation in und um die Rigaer94

(hinterlegt bei und unterstützt durch Bizim Kiez)


Schluss mit dem Wahlkampfterror in der Rigaer Straße!

Kein Ausspielen von Anwohner/innen und Geflüchteten!

Am 22.06.2016 wurden mehrere ohne Mietvertrag genutzte Räume in dem alternativen Wohnprojekt Rigaer Straße 94 geräumt. Und das angeblich um — man höre und staune — Wohnraum für Geflüchtete zu schaffen.
Nun ist man ja seit Monaten einiges gewohnt im bunten Friedrichshain: Mittlerweile wird wegen jedes unangemeldeten Furzes der halbe Nordkiez in ein Sperrgebiet mit Einlass- und Taschenkontrollen auf Kosten der Steuerzahler/innen verwandelt. Es gibt eine seit Monaten andauernde Polizeiwillkür gegen Anwohner/innen und Besucher/innen des Kiezes. Den Höhepunkt bildete im Januar dieses Jahres eine Razzia in demselben Haus, das man auch heute wieder aufs Korn nimmt. Unter wechselnden und fadenscheinigen Gründen werden die dortigen Mieter/innen seit langem terrorisiert. Vor allem der Innensenator Frank Henkel nutzt solche Anlässe krampfhaft und gerne, um den harten Mann raushängen zu lassen und einen Krawallwahlkampf auf dem Rücken der Friedrichshainer/innen zu inszenieren. Die übliche Law-and-Order-Rhetorik scheint aber inzwischen abgedroschen und so toppt die Begleitstory zur neuerlichen Räumung die bisherige Propaganda: Es wurden ca. 300 Beamte eingesetzt, um ein paar Handwerker zu beschützen, die mal eben einige Erdgeschossräume für Flüchtlinge herrichten wollten.

Was für ein Sommermärchen! Es ist herzerweichend, vor allem wenn es aus dem Munde von Politiker/innen eines Senats kommt, der seit Jahren keinen Finger rührt, um günstigen Wohnraum für die Berliner/innen zu schaffen und der auch bei der Unterbringung der Flüchtlinge kläglich versagt hat. Beides übrigens zur Freude der Vermieter/innen und Investor/innen, die mit den steigenden Mieten und dem Betrieb von schäbigen Notunterkünften einen fetten Reibach machen.

Die Verantwortlichen und die Nutznießer der Berliner Wohnungskrise greifen nun auf ein altbewährtes Mittel zurück, um ihre rabiate Politik auch in Wahlkampfzeiten fortsetzen zu können: Sie versuchen, verschiedene Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen und aufzuhetzen. Die Räumung eines besetzten Hauses wird kurzerhand zum humanitären Einsatz zum Wohle der Flüchtlinge erklärt. Jede Kritik daran verbietet sich quasi von selbst bzw. wird mundtot gemacht. Das ist ein perfider PR-Gag und nur ein Dummkopf fällt darauf herein. Zurecht weisen seriöse Flüchtlingshilfevereine darauf hin, dass die genannten Räumlichkeiten gar nicht als Unterkunft für Geflüchtete genutzt werden können, da sie ungeeignet und mit den Richtlinien der entsprechenden Ämter überhaupt nicht kompatibel sind. Das Elend der Flüchtlinge, die aufgrund des Versagens der Politik ohne Wohnungen da stehen, wird hier vielmehr missbraucht, um einen Vorwand zu fingieren, der es erlaubt, gegen eine politisch unliebsame Subkultur vorzugehen.

Mit den Unsummen, die für die sinnlosen Großeinsätze der Polizei im Friedrichshainer Nordkiez ausgegeben wurden, hätten vermutlich ganze Wohnblöcke für Geflüchtete errichtet werden können. Stattdessen werden die letzten freien Grundstücke im Bezirk für geschmacksverirrte Luxusbauten illustrer Investoren verschwendet. Es ist bemerkenswert, dass die Belange einer x-beliebigen Briefkastenfirma aus den Panama-Papers als Hauseigentümerin derart kompromisslosen Vorrang haben vor dem berechtigten Interesse der Friedrichshainer/innen nach bezahlbarem Wohn- und Lebensraum und dass das Fingerschnipsen eines Investors reicht, um einen riesigen Polizeieinsatz mit horrenden Kosten für die Allgemeinheit auszulösen.

Die Schikanen gegen die Anwohner/innen der Rigaer Straße und das Ausspielen gegen Flüchtlinge dienen einzig und allein dazu, von den wirklichen Problemen unseres Bezirks und unserer Stadt abzulenken. Wer politisch nichts vorzuweisen hat, womit er oder sie bei den Bürger/innen punkten könnte, muss angesichts der bevorstehenden Wahl wohl zu solchen Mitteln greifen. Die Anwohner/innen Friedrichshains indes haben langsam aber sicher die Schnauze voll von diesem Zirkus. Ihr Unmut ist berechtigt.

Für die nun folgenden Proteste trägt allein der Senat die Verantwortung!

Wir bleiben Alle!